KielSCN-Workshop beim Young Waterkant Festival
Theater trifft Wissenschaft: Falschinformationen in den Sozialen Medien erkennen
Was passiert, wenn wir wissenschaftliche Informationen nicht mehr zuverlässig von Falschinformationen unterscheiden können? Mit dieser Frage beschäftigten sich 45 Schülerinnen und Schüler beim Young Waterkant Festival am 12. Juni gemeinsam mit den beiden KielSCN-Doktorandinnen Anna Vollersen und Jane Martha Momme. In jeweils drei einstündigen Workshops mit dem Titel „Theater trifft Wissenschaft“ war Improvisationstalent gefragt, denn die Teilnehmenden tauchten auf der Bühne selbst in die Wissenschaftswelt ein.
Dafür hatten die beiden Workshopleitungen verschiedene Szenarien und Rollensteckbriefe vorbereitet. Die zufällig verteilten Rollen kamen jeweils aus den Kategorien Fachwissenschaft, Wissenschaftskommunikation und Verschwörung oder Historische Persönlichkeiten. So trafen sich auf der Bühne zum Beispiel Albert Einstein und Marie Curie bei einem Speed Date. In einem weiteren Szenario diskutierten die Workshop-Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ob man fehlerhafte wissenschaftliche Entdeckungen trotzdem veröffentliche sollte.
Ausgestattet mit verschiedenen Requisiten durften die Schülerinnen und Schüler sich dann ihren Rollen annähern und schließlich vor der Gruppe ihre Stücke aufführen. Trotz gelegentlicher anfänglicher Hemmungen entstanden kreative Vorführungen rund um den Umgang mit Falschinformationen, bei denen alle toll mitgemacht haben und jede Menge Spaß hatten.
Fake News oder faktenbasierte Informationen?
Die Workshop-Idee entstand im Rahmen der Entwicklung des Projektes „Der Science Code“. Hierbei handelt es sich um ein interaktives, multimediales Theaterstück, das Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 und 6 dazu befähigen soll, selbst zwischen Fake News und faktenbasierten Informationen zu unterscheiden. Zudem schafft die Aufführung einen Begegnungsraum, in dem sich die jungen Menschen unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund als Teil des Wissenschaftssystems fühlen können. Sie erleben, dass sie dafür wichtig sind – entweder als aktiv Teilnehmende oder aber passive rezipierende Personen.
Dazu werden sie Teil der Geschichte um Dr. Empirica und Dr. Falsarius. Während sie versuchen den Science Code zu knacken, sind die Jugendlichen aufgefordert Informationen im Kontext von Gesundheitsthemen kritisch zu betrachten. Sie evaluieren diese mit Blick auf die Glaubwürdigkeit und die Vertrauenswürdigkeit, um sie von Fake News zu unterscheiden. „Dieser kreative Ansatz zielt darauf ab, das traditionelle Defizitmodell der Wissenschaftskommunikation zu überwinden“, so Jane Martha Momme, die das Projekt gemeinsam mit Anna Vollersen konzipiert hat. „Gleichzeitig bringen wir mit dem Stück Prozesswissen des Wissenschaftssystems, also ein Schlüsselelement für gesellschaftliche Teilhabe, spielerisch ins Klassenzimmer.“
Anwendung wissenschaftlicher Standards und Einblicke in Schlüsselvorgänge der Wissenschaft
In dem Stück geht es um das plötzliche Verschwinden von Dr. Empirica, die den Science Code entwickelt hat. Hierbei handelt es sich um eine geheimnisvolle Methode, um Fake News zu entlarven. Die düstere Gestalt von Dr. Falsarius hat sie entführt, um den Code für zwielichtige Absichten zu missbrauchen. Inmitten dieses Chaos stürzt Dr. Empiricas Assistent ins Klassenzimmer und bittet die Schülerinnen und Schüler um ihre Hilfe: Sie müssen das Geheimnis des Science Codes entschlüsseln und so Dr. Empirica retten.
Anna Vollersen erklärt: „Durch das Lösen von Rätseln und die kritische Abwägung von Entscheidungen erlernen die Teilnehmenden die praktische Anwendung von wissenschaftlichen Standards. Zudem erfahren sie durch den Konflikt zwischen Dr. Empirica und Dr. Falsarius mehr über Schlüsselvorgänge der Wissenschaft. Nur wenn sie in der Lage sind, vertrauenswürdige Informationen von Fake News zu unterscheiden, können sie die Spur des Science Codes bis zu Dr. Empirica verfolgen.“
Theatererlebnis als dynamisches, partizipatives Ereignis
Die Projektidee zeichnet sich durch die Verbindung von theater-pädagogischer Interaktion und Medienintegration aus. So hebt sich der „Science Code“ von herkömmlichen Bildungs- und Wissenschaftskommunikations-Formaten ab. Durch die direkte Einflussnahme wird das Theatererlebnis für die Jugendlichen zu einem dynamischen, partizipativen Ereignis, das nicht nur das Verständnis des Wissenschaftssystems fördert, sondern eine ganzheitliche Erfahrung lebendiger Demokratie bietet. Darüber hinaus vermittelt es Vertrauen in Wissenschaft und effektive Informationsverarbeitung. Das Projekt verknüpft sozialpsychologische Theorien zu Fake News mit Konzepten der Bildungsforschung, insbesondere Nature of Science und Wissenschaftskommunikation. So erfahren die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel, dass gegensätzliche Forschungsergebnisse nicht zwangsläufig die Glaubwürdigkeit untergraben, sondern Teil des wissenschaftlichen Diskurses sind.
Von der Idee zur Aufführung
In einem Science Pitch am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) konnte sich der „Science Code“ durchsetzen und erhält hier eine Förderung in Höhe von 5.000 Euro. Da dies jedoch nur einen Teil der veranschlagten Kosten abdeckt, nehmen die Projektverantwortlichen aktuell Anpassungen am, Konzept vor, um eine Umsetzung weiter voranzutreiben. Der Workshop beim Young Waterkant Festival war ein Schritt in diese Richtung.
Über das Young Waterkant Festival
Auf dem Young Waterkant Festival bekommen Schülerinnen und Schüler ab der 9. Klasse aus ganz Schleswig-Holstein gemeinsam mit ihren Lehrkräften die Möglichkeit spannende Start-Ups, Projekte, Vereine und Initiativen kennenzulernen. Dabei stellen sich die rund 450 Teilnehmenden aus 90 spannenden Workshops ihr Tagesprogramm nach ihren individuellen Interessen zusammen. In den Workshop geben Personen aus der Praxis Einblicke in ihre innovative Arbeit und zeigen gleichzeitig auf, wie die Jugendlichen selbst aktiv werden können.